„Ich weiß, dass ich nichts weiß“ (oîda ouk eidōs) ist ein geflügeltes Wort, das als verfälschende Verkürzung eines Zitats aus Platons Apologie dem griechischen Philosophen Sokrates zugeschrieben wird. Das Zitat steht bei Platon für die Entwicklung der eigenen Erkenntnis von der Entlarvung des Scheinwissens über das bewusste Nichtwissen hin zur Weisheit als Wissen um das Gute, welches die Tugend in ihrer Einheit konstituiert. Zieht man spätere Berichte über die ungeschriebene Lehre Platons heran, lässt sich das Wesen des Guten als identisch mit dem absoluten Einen verstehen (Aristoteles, Metaphysik 1091 b 13-15). Echtes Philosophieren setzt das Bewußtsein des Nichtwissens voraus. Das vermeintliche Wissen ist nur ein beweisloses Für-selbstverständlich-Halten, das sich bei näherer Untersuchung als unhaltbares Scheinwissen entpuppt. Sokrates prüft das Wissen der Handwerker, Politiker, Redner und Dichter. Deren technische Sachkenntnisse sind für ihn nicht interessant, weil sie keine ethische Einsicht liefern. Sein Denken dreht sich um die Frage, wie das Leben zu leben sei. Durch ihn kommt eine Gewissenhaftigkeit der Rede in die Welt, die Höheres fordert als wissenschaftliche Exaktheit und die die leere Gläubigkeit des Nachtuns und Nachsprechens in Unruhe hält (Helmut Kuhn: Sokrates. Ein Versuch über den Ursprung der Metaphysik, 1934, S. 46).